Politische Gremien müssen auch in der Krise handlungsfähig bleiben

Veröffentlicht am 28.04.2020 in Fraktion

Im Nachgang zur letzten Stadtverordnetenversammlung und der medialen Berichterstattung ist die SPD-Fraktion von Bürgerinnen und Bürgern angesprochen worden, die die Entscheidung zur Aufgabenübertragung von der Stadtverordnetenversammlung auf den Wirtschafts- und Finanzausschuss in Krisenzeiten kritisch gesehen haben. Hierzu möchten wir gerne einige Vorurteile ausräumen.
Es ist nicht so, dass es sich dabei um eine Art „Ermächtigungsgesetz“ handelt. Im Gegenteil zu diesem historisch einmaligen Vorbild wird gerade nicht die Verwaltung mit Aufgaben betraut, die sonst demokratisch gewählten Vertreterinnen und Vertretern vorbehalten ist. Nein - vielmehr überträgt ein demokratisch gewähltes Organ, nämlich die Stadtverordnetenversammlung einen Teil ihrer Aufgaben befristet an ein Unterorgan, nämlich den Wirtschafts- und Finanzausschuss. Auch dieser Ausschuss bildet die Mehrheitsverhältnisse ab, wie sie in der Stadtverordnetenversammlung gegeben sind.

Diese Möglichkeit ist in der Hessischen Gemeindeordnung mit Ausnahme eines bestimmten Themenkatalogs grundsätzlich gestattet und von ihr wurde in Griesheim und auch in anderen Städten bereits in der Vergangenheit gelegentlich während der Sommerferien Gebrauch gemacht.

Die im Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom Donnerstag genannten Themengebiete bewegen sich allesamt innerhalb dieses gesetzlichen Rahmens.

War es in der Vergangenheit so, dass die Befristung auf die Dauer der Ferien relativ kurz gesetzt war, so gibt es jetzt eine längere Frist bis zum 31.10.2020. Dies ist der aktuellen Pandemie-Lage geschuldet. Niemand kann heute sicher sagen, wie es sich weiter entwickeln wird und wann in Griesheim ein gewöhnliches Leben, wie es vor der Krise üblich war, wieder möglich sein wird.
Durch den Übertragungsbeschluss wird die Handlungsfähigkeit in der Krise für die politischen Gremien gestärkt. Die Stadtverordnetenversammlung ist nur beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte ihrer Mitglieder also 19 von 37 anwesend ist. Bereits letzten Donnerstag haben etliche Stadtverordnete sich gesundheitsbedingt oder aus Vorsicht vor eventuellen Infektionen entschuldigt. Die Beschlussfähigkeit war zwar dabei nicht gefährdet, wir können aber aus heutiger Sicht nicht ausschließen, dass dies zukünftig im Falle einer Zuspitzung der Krise der Fall wäre. Durch die Übertragung auf den Wirtschafts- und Finanzausschuss muss dann jeweils nur ein 11-köpfiges Gremium zusammentreffen und dabei können sich Ausschussmitglieder durch andere Stadtverordnete vertreten lassen. Die Beschlussfähigkeit des Ausschusses ist bereits ab 6 Anwesenden gegeben. Hierdurch wird sichtbar, dass Griesheim damit auch für eine eventuelle Verschärfung der Krise, die hoffentlich nie kommen wird, aber auch niemand sicher ausschließen kann, gewappnet ist. Es handelt sich also um einen reinen Vorsichtsbeschluss.

Gemäß der Hessischen Gemeindeordnung kann ¼ der gesetzlichen Mitglieder der Stadtverordnetenversammlung jederzeit eine Sitzung fordern. Die SPD-Fraktion hat mehr als dieses Viertel an Mitgliedern. Hierdurch wird deutlich, dass wir uns mit der Zustimmung zu dem Übertragungsbeschluss nicht selbst unserer Rechte bis zum 31.10.2020 entledigt haben. Vielmehr können und werden wir im Vorfeld jeder regulär geplanten Stadtverordnetenversammlung intern die Lage bewerten und dann entscheiden, ob wir eine Sitzung der Stadtverordnetenversammlung fordern. Dann muss es natürlich auch wieder möglich sein, eingebrachte Anträge zu beraten.

Der getroffene Beschluss in Verbindung mit der gesetzlichen Lage bietet die nötige Flexibilität  und schneidet uns dauerhaft keine Rechte ab, deshalb konnten wir auch als Oppositionsfraktion diesen Beschluss mittragen. Wir haben es weiterhin selbst in der Hand, wie wir passend zur aktuellen Lage jeweils weise auf die Krise reagieren.

Wir übernehmen damit auch Verantwortung für die Sicherung der Handlungsfähigkeit unserer Gremien und zeigen, dass uns die gemeinsame Bewältigung der Krise wichtiger ist, als kurzzeitige politische Taktierereien zwischen den verschiedenen Parteien. Jetzt müssen wir alle an einem Strang ziehen. Vor diesem Hintergrund haben wir es auch begrüßt, dass eine kreisweit einheitliche Regelung zu Kita-Gebühren gefunden werden konnte.

 

 

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