Brigitte Zypries zu PRISM und den Abhöraktionen der US-Amerikaner

Veröffentlicht am 12.08.2013 in Presse

Pressemitteilung von Brigitte Zypries, MdB

 

Der bisher größte Spionage-Skandal des 21. Jahrhunderts erschüttert Deutschland – vor allem in Griesheim ist das Thema wegen des Dagger-Komplexes sehr präsent. Viele Menschen kommen, um vor dem Areal zu auf besondere Art und Weise zu demonstrieren, zum Beispiel mit einem Picknick. Mit den Enthüllungen Edward Snowdens über die Aktivitäten der amerikanischen und britischen Geheimdienste ist das Vertrauen in das Handeln der Staaten fundamental infrage gestellt worden. Seit dem Bekanntwerden des Skandals wächst der Verdacht, dass unsere in der Verfassung verbrieften Grundrechte millionenfach und systematisch von anderen Staaten - ggfls sogar unter Billigung der Deutschen Regierung- verletzt wurden und weiterhin werden.

 

Das Ausmaß der Datensammlungen in den USA und Großbritannien hat mich genauso wie viele Bürgerinnen und Bürger erschüttert. Es kann nicht sein, dass ausländische Geheimdienste im Zuge einer Totalüberwachung die Daten aller Bundesbürger "absaugen". Das ist nicht verhältnismäßig, sondern völlig unangemessen!

 

Die Regierung Merkel erscheint dabei völlig hilf- und sprachlos. Ihre Informationspolitik ist ein Skandal im Skandal. Während fast täglich neue Medienberichte dem Verdacht neue Nahrung geben, verlegt sich die schwarz-gelbe Bundesregierung auf nicht verständliches Taktieren:

 

Der Innenminister agiert wie der Pressesprecher der NSA und offenbart mit seiner abstrusen Formulierung eines „Supergrundrechtes Sicherheit" ein Verfassungsverständnis, das mit dem Grundgesetz nichts zu tun hat. Um dann die Bürger auch noch aufzufordern, selbst für den Schutz ihrer Daten zu sorgen.

 

Der für die Koordination der Nachrichtendienste zuständige Chef des Kanzleramtes fährt in Urlaub und liefert bis heute keine Antworten zum Umfang der Ausspähung. Auch die Frage, ob die Ausspähung anhält, geschweige denn was er dagegen tun will, beantwortet er nicht.

 

Und Frau Merkel selbst verfügt nach eigenen Angaben als Regierungschefin der Bundesrepublik Deutschland nur über Zeitungswissen und verabschiedet sich in den Urlaub. Die mächtigste Frau der Republik weiß in der Spionage-Affäre angeblich am wenigsten.

 

Darf man das glauben? Warum hat zum Beispiel die österreichische Regierung schon seit Wochen eine offizielle Antwort der USA auf ihren Fragekatalog zu Prism, der mit dem deutschen fast identisch ist, und die deutsche angeblich nicht? Diese Bundesregierung ist nicht Teil der Lösung, sie ist Teil des

 

Problems. Denn beide Varianten – Merkel hat nichts gewusst oder sie wollte nichts wissen – sind inakzeptabel! Wenn die behauptete Ahnungslosigkeit tatsächlich zutreffen sollte, stellt sich die Frage, wer dieses Land eigentlich regiert und wer hier Herr im Haus ist. Wenn ausländische Nachrichtendienste seit Jahren die Menschen in Deutschland flächendeckend abhören und die gewonnenen Informationen speichern und analysieren, ohne dass die verantwortliche Bundesregierung davon weiß, hat sich jenseits der demokratisch legitimierten Ordnung unseres Staates ein digitales Schattenreich entwickelt, dass die deutsche Souveränität unterminiert.

 

Doch auch die Alternative ist nicht weniger bedrohlich: Weiß Frau Merkel nichts, weil sie nichts wissen wollte? Das politische Verantwortungsprinzip, das für unser Demokratie konstitutiv ist, wird so gezielt und absichtsvoll ausgehebelt. Das schadet der Demokratie nachhaltig!

 

Die von Edward Snowden aufgedeckten Spionageaktionen der US-Amerikaner müssen endlich dazu führen, dass wir in Deutschland, Europa und weltweit eine gründliche Diskussion über Datenschutz und den Schutz der Privatsphäre führen – und zwar mit echten Ergebnissen! Wir brauchen einen starken Datenschutz in Europa, der auch wirksam die staatliche Datenerhebung begrenzt. Eine strikte EU-Datenschutzgrundverordnung allein kann das Datenschutzniveau nicht sichern - was wir vor allem auch brauchen, sind ein allgemeines Datenschutzabkommen Europas mit den Vereinigten Staaten und völkerrechtlich verbindliche Abkommen, um derartige Überwachungsprogramme wirksam zu begrenzen.

 

Hinweis:

 

Über die Auswirkungen der US-amerikanischen und britischen Abhörmaßnahmen und die Konsequenzen für den Datenschutz in Deutschland und Europa diskutiert Brigitte Zypries am 14. August mit dem Datenschutzexperten der SPD-Bundestagsfraktion, Gerold Reichenbach, und dem ehemaligen Griesheimer Bürgermeister, Norbert Leber. Die Veranstaltung beginnt um 19.30 Uhr in der Linie9 in Griesheim, Wilhelm-Leuschner-Straße 58, der Eintritt ist frei. Interessierte sind herzlich eingeladen! Weitere Informationen im Darmstädter Bürgerbüro von Brigitte Zypries (06151 360 5078).

 

 

 

 
 
 

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